Die „Weltrevolution“ Hannah Höchs: zwischen Verschwinden und Selbstbehauptung
Résumé
Ausgangspunkt dieser Reflexion ist die berühmte Collage bzw. Fotomontage von Hannah Höch, Schnitt mit dem Küchenmesser Dada durch die letzte Weimarer Bierbauchkulturepoche (1919/20), die unter Höchs Werken die Deutsche Revolution am explizitesten thematisiert. Eine frühere Fassung der Collage enthielt in der „Dada-Ecke“ unten rechts das später – angeblich unter Raoul Hausmanns Einfluss – entfernte Wort „Weltrevolution“. Wie ist das scheinbare Verschwinden der „Weltrevolution“ im Werk Hannah Höchs zu deuten?
Erstens möchte ich argumentieren, dass die künstlerische Zusammenarbeit zwischen Höch und Hausmann und der Streit um die Verwendung des Begriffs „Weltrevolution“ - den Hausmann im Titel eines Essays aus der Zeit auch benutzte - zum Auslöser historiographischer Debatten werden. Bis in ihren letzten Werken (z.B. Lebensbild, 1972), geht es Höch darum, ohne Rekurs auf historiographische Essays ihre eigene Rolle in der Dada-Bewegung zu behaupten – Dada war zwar eine künstlerisch revolutionäre Bewegung, hatte jedoch Schwierigkeiten, Frauen als “vollwertige” Künstlerinnen anzuerkennen.
In einem zweiten Schritt soll betrachtet werden, wie sich die in den frühen Collagen vorhandenen politischen Forderungen nach mehr Rechten für Frauen in Höchs späterem Werk in veränderter Form wiedererkennen lassen: Die Forderungen sind nicht mehr explizit, doch steht die Darstellung der weiblichen Figur – gegen den tradierten Weiblichkeits- und Männlichkeitskanon – von da an im Zentrum ihres Schaffens.
Abschließend möchte ich analysieren, inwiefern diese produktive Weiterführung der dadaistischen Revolte im Austausch mit KünstlerInnen der neuen Generation (Fluxus-KünstlerInnen besuchen Höch in den 1960er Jahren) weitervererbt wird.